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Das Geld, welches der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt wird, sowie die Logik auf der diese Geldströme basieren, sind ein wichtiger Hebel für die Genesung der Landwirtschaft. Im Folgenden stellen wir dar, wie wir uns für den gesunden Einsatz von Geld einsetzen.

Die Transformationsleistung von Geld

Alte Ökonomie: Geldvermögen zulasten Naturvermögen

Einen großen Beitrag in dem dringend erforderlichen System- und Wertewandel kann das weltweite Finanzsystem leisten. Bislang waren die Aufgaben von Banken die Regelung des Zahlungsverkehrs, die Vermögensverwaltung und die Kapitalvermehrung. Diese Aufgaben haben die Banken auch perfekt erfüllt. Nur mit welchen Folgen? Das Bilden von Geldvermögen ging stets zu Lasten des Sozialvermögens und des Naturvermögens. Wir stehen heute vor schwerwiegenden Kollateralschäden, die uns mehr und mehr die Lebensgrundlage entziehen. Das weltweite Vermögen, von dem nur einige wenige Menschen profitieren, beruht auf sozialer Ausbeutung und auf der Ausbeutung von Ressourcen und Rohstoffen.

Wir erleben in der Corona-Krise vielfältige Einschnitte in unserem Handlungsspielraum und nehmen dies als große Bedrohung wahr. Dabei übersehen wir die viel größeren Krisen, in denen wir uns aktuell befinden: die Klimakrise und darüber hinaus die Boden- und Biodiversitätskrise.

Tatsächlich ist sehr viel Geld im Markt vorhanden, zu viel, was sich an dem Nullzinsniveau zeigt. Mit dem überschüssigen Geld wird klassischerweise spekuliert und es kann somit keiner sinnvollen Verwendung zugeführt werden. Das Geld ist zum Selbstzweck geworden. Es ist nur dazu da, sich zu vermehren. Hier müssen wir eine Kehrtwende schaffen. In Zukunft wird die Aufgabe von Banken sein, genau das Gegenteil von dem zu machen, was sie bisher getan haben: Geld umverteilen sowie natürliche Ressourcen schützen und erhalten. Das Finanzsystem steht vor der großen Herausforderung, das überschüssige Geld im Markt in Sozialvermögen und in Naturvermögen zurück zu verwandeln. Wenn wir in Zukunft gesund leben wollen, müssen wir Einkommensgerechtigkeit, Generationengerechtigkeit und Klimagerechtigkeit schaffen. Das Erfreuliche ist, dass diese Einsicht im Bankensektor, in den meisten Unternehmen und in der Wirtschaft angekommen ist – trotz und gerade wegen Corona.

Neue Ökonomie: Geld wird in Sozialvermögen und in Naturvermögen zurückverwandelt

Diese Entwicklung sehen wir an den steigenden Angeboten von nachhaltigen Geldanlagen innerhalb des Bankensektors. Die Frage, die nicht nur von Privatkund*innen immer häufiger gestellt wird, ist die nach der Nachhaltigkeit. Auch viele institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Vermögensfonds legen Wert auf Nachhaltigkeitskriterien.

Selbst Blackrock, der weltweit führende Investmentmanager und größte Vermögensverwalter der Welt, zieht Konsequenzen aus der Corona-Krise. Auch die Politik reagiert: Im EU Action Plan ist in einer Taxonomie festgelegt worden, was als nachhaltige Geldanlage bezeichnet werden darf. Damit will man Greenwashing vermeiden und mehr Transparenz schaffen. Banken werden also durch rechtliche Rahmenbedingungen gezwungen, nachhaltiger zu wirtschaften, da sie offenlegen müssen, wo das Geld hinfließt. Fonds, die auf Geschäften mit klimaschädlicher Kohle beruhen, werden in der breiten Masse keine Abnehmer mehr finden. So baut sich der Druck zu handeln von zwei Seiten auf: zum einen durch die Kund*innen, zum anderen durch die Bankenaufsicht.

EU-Taxonomie

Investieren, aber nachhaltig

Die Taxonomie-Verordnung zwingt Banken, bei Finanzierungen auf Nachhaltigkeitskriterien zu achten. Das hat für Betriebe erhebliche Folgen.

Alle reden über Nachhaltigkeit, aber wo steht eigentlich, was das heute genau heißt? Die EU gibt mit der sogenannten Taxonomie-Verordnung einen umfassenden Katalog von Kriterien – samt Offenlegungspflichten – vor, der definiert, welche Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig gelten. Dies wird in naher Zukunft auch die Landwirtschaft betreffen. Grund genug, sich eingehend mit dem Stichwort Taxonomie zu beschäftigen.

Der Gesetzgeber möchte Kapital in ökologisch und sozial nachhaltige Aktivitäten lenken. In einem ersten Schritt wurden dafür die EU-Klimaschutzziele in messbare Kriterien übersetzt. Zudem befinden sich Kriterien für Biodiversität, soziale Nachhaltigkeit und gute Unternehmensführung in der Entwicklung.

Die EU verpflichtet Banken und andere Finanzinstitute dazu, öffentlich zu machen, wie hoch der Anteil an nachhaltigen Investitionen in ihren Kredit- und Anlageportfolios ist. Banken wollen diese Informationen nun auch selbst nutzen und in die Berechnung des Kreditzinses einbeziehen.

An dieser Stelle wird es für Landwirt*innen interessant: Für beide Neuerungen brauchen die Banken entsprechende Informationen. Deshalb müssen Betriebe künftig Nachhaltigkeitsdaten erheben und veröffentlichen. Diese können sich auf den Betrieb beziehen – wie zum Beispiel Angaben zum CO2- oder Methanausstoß – oder auf einzelne Investitionen.

Gleichermaßen können für unterschiedliche CO2-Preismodelle Chancen- und Risikoanalysen durchgeführt werden. So können Sie ab einem bestimmten CO2-Preis positive Investitionsentscheidungen möglicherweise schon heute treffen und mit ausreichend Zeit einführen. Für beide – die Bank und den Betrieb – ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen auseinanderzusetzen und sie bei Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen.

In der Praxis könnte das bedeuten, frühzeitig zu erkennen, dass sich eine ursprünglich geplante Investition in eine Stallerweiterung langfristig nicht rechnet. Mit Unterstützung der Bank könnten Sie stattdessen alternative Investitionen prüfen. Landwirtschaftliche Betriebe können sich so mithilfe der Kriterien der EU-Taxonomie nachhaltig wirtschaftlich aufstellen.

Gewinner sind solche Betriebe, die früh einen Überblick über die Risiken und Chancen haben. Sie können entsprechend früh auf sie reagieren und ihre Geschäftsmodelle risikominimierend und chancenerhöhend anpassen. Das sichert schlussendlich große Wettbewerbsvorteile und vor allem die Zukunftsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs.

Foto: Stephan Münnich

Sonderkampagne wandelt Geld in Naturwert um

‚Agrarwende Jetzt‘

Warum die GLS Bank ein finanzielles Sonderkontingent für die Agrarwende ins Leben gerufen hat

Neben politischen Forderungen (z.B. Beteiligung an der Pestizidstudie, Forderung von Abgaben auf Spritz- und Düngemittel) möchte die GLS Bank sehr konkret die Agrarwende unterstützen und den Finanzierungsanteil der GLS Bank im Bereich ökologische Landwirtschaft ausbauen.

Hierfür wurde im Spätsommer 2021 ein Sonderkontingent zu sehr attraktiven Konditionen genehmigt, mit dem Ziel, einen sichtbaren Beitrag zur Agrarwende zu leisten. Stand Ende März 2022 wurden in rund 6 Monaten über EUR 40 Mio. Darlehen für die ökologische Landwirtschaft in rund 165 Kreditanträgen aus diesem Programm bewilligt. Der Rest des Sonderkontigents ist fest reserviert und soll bis zum Sommer ausgezahlt werden.

Die neue Bundesregierung hat Anfang des Jahres 2022 das ambitionierte Ziel von 30% Bio bis 2022 beschlossen. Das 30% Ziel zu erreichen heißt konkret: In 2021 wurden ca. 5% (82.000 ha) der Landwirtschaftsfläche auf ökologischen Landbau umgestellt. Für die Zielerreichung muss dies auf jährlich 12% erhöht werden, um bis 2030 auf 30% zu kommen! Um nach dem Erfolg des ersten Sonderkontigents ein weiteres Signal für die Agrarwende zu setzen, wurde jetzt ein weiteres Kontingent zu 1,0% p.a. bewilligt. Fokus ist nach wie vor die ökologische Landwirtschaft, dieses zweite Programm wird zusätzlich für kleine/regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen erweitert, um die Wertschöpfungsketten in Bauernhand zu stärken. Neben den Anbauflächen sind auch die regionalen Strukturen Voraussetzung für eine erfolgreiche Agrarwende!

Welche Finanzierungen zeigen die Wirkung der GLS Darlehen gut? Und was ist diese genau? Die GLS Bank finanziert viele kleine bis sehr großen Initiativen der solidarischen Landwirtschaft wie z.B. KoLa Leipzig eG: Hier erhalten durch die Verbindung von Kund*innen zu Landwirt*innen die einen gutes, regional produziertes Gemüse, die anderen ein faires und planbares Einkommen. Je nach Modell wird bei Mitarbeit (entweder freiwillig oder verpflichtend) den Konsument*innen die ökologische Landwirtschaft nähergebracht.

Oder ein anderes Beispiel: Die GLS Bank hat den Aufbau der regionalen Bioland-Molkerei Hamfelder Hof Bauernmeierei GmbH & Co KG finanziert. Gründungsgedanke war, den beteiligten Milchbauern langfristig auskömmliche Milchpreise zu sichern. Um den Mitgliedsbetrieben deutlich über Biolandkriterien hinausgehende Standards für Tierwohl und Ökologie zu ermöglichen, wurden von der Molkerei in enger Absprache mit den Abnehmer*innen die Milchpreise um 20ct/l erhöht. Dieses Geld fließt direkt an die Mitgliedsbetriebe, damit diese z.B. entsprechende bauliche Maßnahmen in den Ställen umsetzen können.

Die Finanzierungen der GLS Bank wirken also direkt für Tierwohl, regionale Wertschöpfung, gesunde Ernährung und liefern so einen Beitrag zur Agrarwende.

Nachhaltigkeitsrisiken

Artensterben: Der leise Tod der Wirtschaft

Der fortschreitende Biodiversitätsverlust führt dazu, dass Böden nicht mehr fruchtbar sind, Blüten nicht mehr bestäubt und Nahrungsmittel nicht mehr angebaut werden können. Die Folge: eine globale Ernährungskatastrophe. All diese Folgen und noch viele weitere können unter dem Begriff „Biodiversitätsrisiken“ zusammengefasst werden. Expert*innen sprechen inzwischen vom sechsten Massensterben der Arten. Eine Million der etwa acht Millionen existierenden Arten auf der Welt gelten als stark bedroht und werden ohne tiefergehende Maßnahmen bis 2030 sehr wahrscheinlich ausgestorben sein. Die globale Rate des Artensterbens nimmt immer weiter zu. Aktuell ist sie etwa um den Faktor zehn bis hundert höher als der Durchschnitt der vergangenen zehn Millionen Jahre.

Manche Wissenschaftler*innen gehen noch ein Schritt weiter. Für sie ist der Klimawandel „die kleinere Katastrophe“ und der Biodiversitätsverlust „die größte Gefahr für den Menschen“. Um einen Zusammenbruch des Wirtschaftssystems zu verhindern, muss daher die Biodiversität geschützt werden. Gleichzeitig müssen Unternehmen darauf vorbereitet werden, welche künftigen Risiken wie Produktionsschwierigkeiten auf sie zukommen könnten. Als Bank müssen wir daher noch genauer hinschauen und mit unseren Kund*innen gemeinsam ihre individuelle Biodiversitätswirkung verbessern und zukünftige Risiken vorbeugen.

Jan-Niklas Heintze, M.Sc. und Prof. Dr. Björn Holste (Liminalytics GmbH) führen vier Kernthesen und -impulse auf:

  • Obwohl der Einfluss von Biodiversität auf die globale ökonomische Entwicklung signifikant ist, fehlen Modelle zur Bewertung von Biodiversitätsrisiken.
  • Die Entwicklung einer einheitlichen Maßeinheit zur Bewertung von Biodiversitätsrisiken ist deutlich schwerer als bspw. für den Klimawandel, da sowohl Wirkung auf als auch Abhängigkeiten von Biodiversität berücksichtigt werden müssen.
  • Obwohl es erste quantitative Kennzahlen zumindest auf der Wirkungsseite gibt, fehlt es insgesamt zurzeit noch an einem dem Thema angemessenen Fokus.
  • Ein erster wichtiger Schritt für die Integration von Biodiversitätsrisiken wäre die Entwicklung einer international akzeptierten Maßeinheit.

Die Ausführungen finden Sie im verlinkten Impulspapier. 

GLS Treuhand

Zukunftstiftung Landwirtschaft

Nikolai Fuchs, was ist die Zukunftsstiftung Landwirtschaft?

Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft fördert seit über 20 Jahren Initiativen, die den Ökolandbau stärken und weiterentwickeln - von der Saatgutforschung über Schulbauernhöfe bis hin zur artgerechten Tierzucht und der Gentechnikfreiheit. In 2021 konnten 91 Projekte mit über 2,1 Millionen Euro gefördert werden.